11 April 2006


Literatur 6/06: In seiner frühen Kindheit ein Garten
Roman erschienen bei Suhrkamp von Christoph Hein.

Wieder so ein Buch, das man ziemlich schnell ausgelesen hat. Dabei liegt es nicht an der Spannung, sondern an den Personen, denen man einfach weiter zuschauen möchte bei ihrem Leben. Richard und Frederike Zurek haben ihren ältesten Sohn verloren. Er wurde auf der Flucht von der Polizei auf dem Bahnhof von Kleinen erschossen, regelrecht hingerichtet. Diesen Schluss jedefalls zieht der Vater des Ermordeten aus den Untersuchungen zum Fall Oliver zurck, bei denen einiges ganz offensichtlich vertuscht wurde, Beweise vernichtet wurden. Der ehemalige Schuldirektor und seine Frau beschließen, sich gegen das Urteil über ihren Sohn zu wehen. Ja, er hatte sich einer terroristischen Gruppe angeschlossen, ja, er war bereits seit Jahren untergetaucht, ja, keiner wusste so recht, was der Junge eigentlich macht. Aber trotzdem hatte er sich nichts zu Schulde kommen lassen, was eine Exekution erlauben und erklären könnte.

Der brave Bürger wird zum "Querulanten", wie ihn das Innenministerium bezeichnet, nachdem er auf eine Antwort auf seinen Brief an den Minister besteht. Der brave Staatsdiener beginnt am Staat un seinem Gewaltmonopol zu zweifeln. Und wenn er nicht Pensionär wäre, sondern so jung wie sein Sohn gewesen ist - wer weiß, womöglich wäre er dann aufgrund all dieser Erlebnisse auch Terrorist geworden.

Die Tochter, selbst Lehrerin geworden und mit einem schrecklichen Unternehmenberater verheiratet, ist gänzlich gegen die Prozesse, die ihre Eltern führen. Sie glaubt den Ausführungen der Polizei zum angeblichen Selbstmord ihres Bruders. Immer wieder streitet sie deswegen mit den Eltern, versucht iihnen klar zu machen, dass nicht sie Schuld am verhalten ihres Sohnes sind. Doch genau das ist der Kernpunkt des Buches: Wer hat Schuld? Wie konnte es überhaupt soweit kommen? Lag es an der Erziehung im Lehrerhaushalt? An der engen Bindung der Geschwister in ihrer Kindheit? Einfach nur an falschen Freunden? Oder an der unrechten Verhaftung Olivers wegen angeblichen Waffenschmuggels und der darauf folgenden Isolationshaft vor Jahren? Es ist nicht zu klären. Und so sehr sich Olivers Vater auch damit auseinandersetzt, so sehr er gegen die Mühlen des Staates kämpft, er wird zu keinem Ergebnis kommen.

Interessante Studie über Menschen, deren Verwandter gegen den Staat gearbeitet hat und unter ungeklärten Umständen zu Tode kam. hintergrund sind die Ereignisse um Wolfgang Grams und seine Erschießung auf dem Bahnhof Bad Kleinen. Doch hier heht es mehr um die Menschen, die zurück bleiben, wie sie mit der Situation umgehen. Sehr empfehlenswert!

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