24 Januar 2006


Topthema Kälte
Seit Herr Kachelmann die Meteorologie salongfähig gemacht hat, ist das Wetter zum akzeptierten, nicht mehr belächelten Gesprächsthema geworden. In der Vor-Kachelmann-Ära lächelte man noch hämisch über Leute, die Wetter-Small-Talk betrieben, insbesonder die älteren Zeitgenossen hatten ja oft nur dieses eine Thema. Heute ist eine Wissenschaft mit einem eigenen, neuen Wortschatz daraus geworden. Es gibt plötzlich Blitzeis statt der banalen überfrierenden Glätte - auch schon ein völlig unlogischer Begriff gewesen. Alle naselang gibt es im Herbst dringende Sturmwarnungen. und wenn das Themometer im Januar unter -5 Grad fällt, machen sämtliche TV-Sender eine Sondersendung zum Thema Kälte.
In einer Umfrage unter Menschen in einer Fußgängerzone sagte gestern in den Tagesthemen ein älterer Herr, dass er das im Moment für ganz normale Temparaturen für den Januar hält. Ja. Ganz meiner Meinung. Man könnte fast meinen, dass in den Redaktionen nur noch Jungjournalisten zwischen 18 und 22 sitzen, die bisher nur laue Winter erlebt haben. In Berlin gab es schon immer Winter mit bis zu -20 Grad und mehr. Da sind doch die aktuellen -12 geradezu lächerlich. Da zieht man sich eben mal einen Pulli mehr an, legt den Schal um und ziht die dünnen Schühchen aus und greift zu den dicken Winterstiefeln. Kann ja auch schick aussehen.
Das einzige Argument für diese Hochstilisierung einer Banalität ist die Tatsache, dass Obdachlose erfrieren. Trotz diverser Blitz-Explosiv-SpiegelTV-Reportagen haben die aber trotzdem keine ordentlichen Übernachtungsmöglichkeiten.

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